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Auktion 13. März 2024 - Klassische Internationale Kunst
Provenienz

Sammlung Benjamin Sharpe, Hanwell Park, Middlesex
Sammlung H.R. Blattmann-Roth, Wädenswil
Privatbesitz, Schweiz (durch Erbschaft an die heutigen Besitzer, seit 2007 als Leihgabe Kunstmuseum, Luzern)

Literatur

Arnold Federmann, Johann Heinrich Füssli: Dichter und Maler 1741–1825, Zürich/Leipzig, 1927, S. 64, Abb. Nr. 17.
Edmond Jaloux, Johann Heinrich Füssli, Montreux, Edition de L’Aigle, 1942, S. 148.
Erwin Gradmann und Anna Maria Cetto, Schweizer Malerei und Zeichnung im 17. und 18. Jahrhundert, Basel, 1944, S. 43, Abb. Nr. 7.
Frederick Antal, Fusseli Studies, London, 1956, S. 98. John Woodward, Paintings and drawings by Fuseli, in The Burlington Magazine, Vol. 565, April 1950, S. 112.
Frederick Antal, Fuseli Studies, London 1956, S. 98.
Gert Schiff, Johann Heinrich Füssli, 1741–1825, Zürich, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1973, Vol. 1, S. 326–327 und S. 566, Nr. 1224 sowie Vol. 2, S. 382 (Repr.).
Gert Schiff und Paola Viotto, L’opera completa di Füssli, Mailand, Rizzoli Editori, 1977, S. 105, Nr. 255.

Ausstellung

Johann Heinrich Füssli – Henry Fuseli (1741–1825), Ausstellung von Gemälden, Zeichnungen und Kupferstichen, Zürich, Kunsthaus, 18.7.–5.9.1926, Nr. 47.
Schweizer Maler im Zeitalter des Klassizismus und der Romantik, Zürich, Kunsthaus, 1.9.–19.9.1936, Nr. 46.
Johann Heinrich Füssli, (1741–1825), Zur 200 Jahrfeier und Gedächtnisausstellung, Zürich, Kunsthaus, 1941, Nr. 27.
Aus Wädenswiler Privatbesitz, Kunstausstellung der Lesegesellschaft Wädenswil unter dem Patronat des Gemeinderates, Wädenswil, Kirchgemeindehaus Rosenmatt, Oktober 1955.
An Exhibition of Paintings and Drawings by Fuseli, London, The Art Council, 1950, Nr. 13.
Johann Heinrich Füssli, Ausstellung veranstaltet von der Stiftung Pro Helvetia, Bremen und Düsseldorf, 1957, Nr. 18.
Johann Heinrich Füssli (1741–1825), Gemälde und Zeichnungen, Zürich, Kunsthaus, 17.5.–6.7.1969, Nr. 82.
Füssli - Drama und Theater, Basel, Kunstmuseum, 20.10.2018–17.2.2019.
Füssli, Entre rêve et fantastique, Paris, Musée Jacquemart-André, 16.9.2022–23.1.2023, Nr. 26.

Die Szene mit dem Titel Amanda/ Rezia stürzt sich mit Hüon ins Meer, Fatime wird mit Gewalt zurückgehalten zeigt die Liebenden, wie sie sich beide in einer feurigen Umarmung in die Fluten eines aufgewühlten Meeres stürzen. Die Szene wird in Gesang VII (25–26) des Oberon beschrieben. Nachdemsie Oberon, dem die Liebenden Keuschheit gelobt hatten, nicht gehorcht hatten, beschlossen Hüon und Rezia, die nach ihrer Bekehrung zum Christentum den Namen Amanda annahm, sich selbst zu opfern, indem sie sich in die Fluten stürzten. Die dynamische und spektakuläre Darstellung dieser Szene wird durch die originelle Komposition und die dramatischen Lichteffekte ermöglicht, die hinter den sich umarmenden Liebenden erscheinen, die in einem Strudel von den Fluten verschlungen zu werden scheinen. Die Tragik dieser Passage wird durch die verzweifelte Geste von Fatime symbolisiert, die im Hintergrund mit Gewalt zurückgehalten wird.

The scene entitled Amanda/Rezia throws herself after Huon into the sea depicts the lovers throwing themselves in a fiery embrace into the waters of a stormy sea. The scene is described in canto VII (25–26) of Oberon. Having disobeyed Oberon, to whom the lovers had taken a vow of chastity, Huon and Rezia, who after converting to Christianity takes the name Amanda, decide to sacrifice themselves by throwing themselves into the waves. The dynamic and spectacular rendering of this scene is made possible by its original composition and the dramatic lighting effects that appear behind the embracing lovers, who seem to be swallowed up by the waves in a whirlpool. The tragic nature of this passage is symbolized by the gesture of despair of Fatima, who is forcibly restrained in the background.

La scène titrée Rézia plonge dans la mer avec Huon représente les amants se jetant tous deux, dans une étreinte fougueuse, dans les eaux d’une mer agitée. La scène est décrite dans le chant VII (25-26) de l’Oberon. Ayant désobéi à Oberon auquel les amants avaient fait voeu de chasteté, Huon et Rézia, qui après s’être convertie au christianisme prend le nom d’Amanda, décident de se sacrifier en se jetant dans les flots. Le rendu dynamique et spectaculaire de cette scène est permis par sa composition originale et par ses effets lumineux dramatiques qui apparaissent derrière les amants enlacés qui semblent, dans un tourbillon, engloutis par les flots.
Le caractère tragique de ce passage est symbolisé par le geste de désespoir de Fatima, figurée en arrière-plan retenue de force.


Drei bedeutende Werke von J. H. Füssli (Lose 9–11)
Johann Heinrich Füssli (1741–1825) war ein belesener Maler mit einer atypischen Persönlichkeit, der Künstler und Kunstliebhaber gleichermassen faszinierte. Er schöpfte aus einer Vielzahl origineller literarischer Quellen und schuf ein umfangreiches Werk aus Gemälden und Zeichnungen, die das Erhabene mit dem Fantastischen verbinden. Der in Zürich geborene Schweizer Künstler Füssli wollte zunächst Pfarrer werden, nachdem er am Collegium Carolinum in Zürich Theologie studiert hatte. Als leidenschaftlicher Theaterund Literaturliebhaber freundete er sich mit Literaten wie dem Akademiker und Historiker Johann Jakob Bodmer (1698–1786) an und wandte sich dem Übersetzen und Schreiben zu. Während seines Aufenthalts in Rom entwickelte Füssli eine Vorliebe für die Malerei, der er sich später auf Anraten des englischen Malers Joshua Reynolds vollständig widmete. Ab Ende der 1770er-Jahre lebte er in London, besuchte regelmässig die Theater und hatte eine Vorliebe für die Werke Shakespeares. Mit Thor im Kampf gegen die Midgardschlange [Abb. 1] wurde er zum Mitglied der Royal Academy of Arts und machte dort eine erfolgreiche Karriere als Professor für Malerei. Sein Durchbruch, Der Albtraum, der 1781 in Zürich fertiggestellt wurde, ist ein Sinnbild für die fremde, zutiefst einzigartige Welt, die den Künstler im Laufe seiner 40-jährigen Tätigkeit beschäftigte. Seine Vorliebe für die englische und nordische Literatur, aber auch für die dramatische Kraft des Theaters inspirierte ihn immer wieder in seiner Malerei. Die drei Werke, die wir vorstellen, wurden von Füssli um 1804/05 ausgeführt und gehören zu einer Serie von zehn Ölgemälden. Diese führte zu Radierungen, die 1805 in der zweiten Ausgabe von William Sothebys englischer Übersetzung von Oberon des deutschen Dichters Christoph Martin Wieland (1733–1813) veröffentlicht wurden. Acht dieser Gemälde, darunter auch unsere, befanden sich in der Sammlung von Benjamin Sharpe, einem Kapitän der Royal Navy und Erben der Bankgesellschaft Goslings and Sharpe, der 1848 das Landhaus Hanwell Park in Middlesex kaufte.
Wieland, der einige Jahre in der Schweiz gelebt hatte, zählte zu den Freunden von Füsslis Vater, dem Porträtmaler und Kunsthistoriker Johann Caspar Füssli. Neben dieser persönlichen Verbindung verbanden Füssli und Wieland auch gemeinsame literarische Referenzen. Ihre Schriften enthielten eine Vielzahl von Inspirationsquellen, die den Schweizer Maler anzogen, wie etwa die mittelalterlichen Chansons de geste, die epische Dichtung Ariosts, das Theater Shakespeares oder die arabischen Volksmärchen aus Tausendundeine Nacht. Das Oberon-Epos erzählt von den Abenteuern des Ritters Hüon von Bordeaux, Herzog von Guyenne. Weil er Prinz Charlot, den Sohn Karls des Grossen, getötet hatte, wurde Hüon dazu verurteilt, eine gefährliche Reise nach Bagdad anzutreten. Karl der Grosse stellte ihn vor mehrere Prüfungen: Er sollte vom Kalifen vier Backenzähne und einen Bart fordern, nachdem er dessen Tochter verführt hatte, und er sollte den Mann töten, der für ihn bestimmt war. Dies gelingt ihm mit Hilfe des Elfenkönigs Oberon, der magischen Kraft seines Horns und eines Rings. Als genialer und wagemutiger Erfinder schöpft Füssli aus einem äusserst originellen Quellenrepertoire, das weit über die griechisch-römischen Mythen hinausgeht. Wie die Werke von John Flaxman (1755–1826) in England oder Anne-Louis Girodet-Trioson (1767–1824) in Frankreich zeigt Füsslis Malerei die ganze Inspiration, die die Künstler dieser Zeit aus einer umfassenden und genauen Kenntnis der alten und zeitgenössischen europäischen Literatur wie auch der orientalischen Mythen schöpften. Wielands Werk wurde in Europa von Schriftstellern wie Friedrich von Schiller und Johann Wolfgang von Goethe sowie von Komponisten wie Mozart und Carl Maria von Weber, der eine Oper mit dem Titel Oberon produzierte, die 1826 in Covent Garden uraufgeführt wurde, in bemerkenswerter Weise rezipiert. Wie für Shakespeare zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind die grossen mittelalterlichen Legenden auch in der heutigen Literatur und im Film weiterhin eine Quelle der Inspiration. Der Erfolg der Serie Game of Thrones oder der Saga Der Herr der Ringe legen davon ein sehr beredtes Zeugnis ab.

Three significant works by J. H. Füssli
Johann Heinrich Füssli (1741–1825), an erudite painter with an atypical personality, never ceased to fascinate artists and enthusiasts alike. Drawing on a variety of original literary sources, he produced a large body of paintings and drawings that combined the sublime with the fantastic. A Swiss artist born in Zurich, Füssli initially set his sights on a career as a pastor after studying theology at Zurich’s Collegium Carolinum. Fascinated by theatre and literature, he befriended literary figures such as the academician and historian Johann Jakob Bodmer (1698–1786) and turned to translation and writing. It was during his stay in Rome that Füssli developed an interest in painting, an activity to which he later devoted himself fully on the advice of the English painter Joshua Reynolds. Living in London from the end of the 1770s, he was a regular visitor to the theatre and developed a predilection for the works of Shakespeare. Elected Academician of the Royal Academy of Arts with Thor wrestling with the serpent Midgard [fig. 1, p. 13], he went on to have a brilliant career as a painting teacher. His crowning achievement, The Nightmare, completed in Zurich in 1781, is emblematic of the foreign, deeply singular world that the artist developed over some forty years of activity. His taste for English and Nordic literature, as well as for the dramatic power of the theatre, continued to inspire his pictorial production. Executed by Füssli around 1804– 1805, the three works presented here are part of a series of ten oil paintings. This series gave rise to engravings published in 1805 in the second edition of William Sotheby’s English translation of Oberon by the German poet Christoph Martin Wieland (1733–1813). Eight of these paintings, including ours, were in the collection of Benjamin Sharpe, a Royal Navy captain and heir to the banking firm of Goslings and Sharpe, who bought the farm at Hanwell Park in Middlesex in 1848. Wieland, who had lived in Switzerland for several years, was a friend of Füssli’s father, the portrait painter and art historian Johann Caspar Füssli. Over and above this personal link, Füssli and Wieland shared literary references, whose writings presented a variety of sources of inspiration that must have appealed to the Swiss painter, such as medieval chansons de geste, the epic poetry of Ariosto, Shakespeare’s theatre and the Arab folk tales of the Thousand and One Nights. The epic of Oberon recounts the adventures of the knight Huon de Bordeaux, Duke of Guyenne. For killing Prince Charlot, Charlemagne’s son, Huon is condemned to a perilous journey to Baghdad. Charlemagne imposed several tests on Huon: he had to claim four molars and a tuft of beard from the Caliph after seducing the Caliph’s daughter, and he had to kill the Caliph he was destined to kill. This feat is accomplished with the help of Oberon, king of the elves, the magical power of his horn and a ring. A daring and brilliant inventor, Füssli drew on an extremely original repertoire of sources that went far beyond Greco-Roman myths. Like the work of John Flaxman (1755–1826) in England or Anne-Louis Girodet- Trioson (1767–1824) in France, Füssli’s paintings demonstrate the inspiration that artists of the period drew from their vast and precise knowledge of ancient and contemporary European literature and Oriental myths. Wieland’s work was remarkably well received in Europe by writers such as Friedrich von Schiller and Johann Wolfgang von Goethe, and composers such as Mozart and Carl Maria von Weber, who produced an opera entitled Oberon, first performed at Covent Garden in 1826. As with Shakespeare in the early 17th century, the great medieval legends continue to inspire literature and film today. The success of the Game of Thrones series and the Lord of the Rings saga are eloquent testimony to this.

Trois œuvres majeures de J. H. Füssli (lots 9–11)
Peintre érudit à la personnalité atypique, Johann Heinrich Füssli (1741-1825) n’a cessé de fasciner artistes et amateurs. Puisant dans des sources littéraires variées et originales, il est l’auteur d’une importante production peinte et dessinée qui mèle sublime et fantastique.
Artiste suisse né à Zurich, Füssli se destine d’abord à une carrière de pasteur après avoir étudié la théologie au Collegium Carolinum de Zurich. Passionné de théâtre et de littérature, il se lie d’amitié avec des hommes de lettres tels l’académicien et historien Johann Jakob Bodmer (1698-1786) et s’oriente vers la traduction et l’écriture. C’est au cours de son séjour romain que Füssli développe une appétence pour la peinture, activité à laquelle il se consacre ensuite pleinement sur les conseils du peintre anglais Joshua Reynolds. Etabli à Londres à partir de la fin des années 1770, il fréquente assidûment les théâtres et nourrit sa prédilection pour les oeuvres de Shakespeare. Elu académicien de la Royal Academy of Arts avec Thor luttant contre le serpent Midgard (fig. 1), il y mène une brillante carrière de professeur de peinture.
Son coup d’éclat, Le Cauchemar, achevé à Zurich en 1781, est emblématique de l’univers étranger, profondément singulier que l’artiste développe sur une quarantaine années d’activité. Son goût pour la littérature anglaise et nordique mais aussi pour la puissance dramatique du théâtre n’a de cesse de l’inspirer dans sa production picturale.
Exécutées par Füssli vers 1804-1805, les trois oeuvres que nous présentons s’insèrent dans un ensemble de dix huiles sur toiles. Cette série donne lieu à des gravures publiées en 1805 dans la deuxième édition de la traduction anglaise de William Sotheby de l’Oberon du poète allemand Christoph Martin Wieland (1733-1813). Huit de ces peintures, dont les nôtres, se trouvaient dans la collection de Benjamin Sharpe, un capitaine de la marine royale et héritier de la société bancaire Goslings and Sharpe, qui acheta la propriété agricole d’Hanwell Park dans le Middlesex en 1848.
Wieland, qui avait vécu quelques années en Suisse, comptait parmi les amis du père de Füssli, le portraitiste et historien de l’art Johann Caspar Füssli. Au delà de ce lien personnel, des références littéraires partagées unissent Füssli et Wieland dont les écrits présentent des sources d’inspiration variées qui durent séduire le peintre suisse telles que les chansons de geste médiévales, la poésie épique de l’Arioste, le théâtre de Shakespeare ou encore les contes populaires arabes des Mille et Une Nuits.
L'épopée d’Oberon narre les aventures du chevalier Huon de Bordeaux, duc de Guyenne. Pour avoir tué le prince Charlot, fils de Charlemagne, Huon est condamné à effectuer un périlleux voyage jusqu’à Bagdad. Plusieurs épreuves lui sont imposées par Charlemagne: réclamer quatre molaires et une touffe de barbe au calife après avoir séduit la fille de ce dernier et tuer celui qu’il lui était destiné. Cet exploit est accompli grâce à l’aide d’Obéron, roi des elfes, du pouvoir magique de son cor et d’un anneau.
Inventeur génial et plein d’audace, Füssli puise dans un répertoire de sources extrêmement originales qui va bien au-delà des mythes gréco-romains. A l’instar de l’oeuvre de John Flaxman (1755-1826) en Angleterre ou d’Anne-Louis Girodet-Trioson (1767-1824) en France, la peinture de Füssli montre toute l’inspiration que tirent les artistes de cette époque d’une connaissance vaste et précise de la littérature européenne ancienne et contemporaine comme des mythes orientaux.
L’oeuvre de Wieland connut une remarquable réception en Europe auprès d’écrivains comme Friedrich von Schiller ou Johann Wolfgang von Goethe et de compositeurs comme Mozart ou Carl Maria von Weber qui produisit un opéra intitulé Oberon dont la première représentation eut lieu à Covent Garden en 1826. Comme pour Shakespeare au début du XVIIe siècle, les grandes légendes médiévales continuent d’être une source d’inspiration dans la littérature et le cinéma d’aujourd’hui. Le succès de la série Game of Thrones ou de la saga du Seigneur des anneaux en offre un témoignage tout à fait éloquent.
Online-Katalog Auktion 13. März 2024 - Klassische Internationale Kunst Los 9 Johann Heinrich Füssli 1741–1825

Amanda/Rezia stürzt sich mit Hüon ins Meer, Fatime wird mit Gewalt zurückgehalten, 1804/1805
Öl auf Leinwand
61 x 45 cm

Schätzpreis

CHF 400'000 – 600'000

Verkauft für

CHF 618'910

Provenienz

Sammlung Benjamin Sharpe, Hanwell Park, Middlesex
Sammlung H.R. Blattmann-Roth, Wädenswil
Privatbesitz, Schweiz (durch Erbschaft an die heutigen Besitzer, seit 2007 als Leihgabe Kunstmuseum, Luzern)

Literatur

Arnold Federmann, Johann Heinrich Füssli: Dichter und Maler 1741–1825, Zürich/Leipzig, 1927, S. 64, Abb. Nr. 17.
Edmond Jaloux, Johann Heinrich Füssli, Montreux, Edition de L’Aigle, 1942, S. 148.
Erwin Gradmann und Anna Maria Cetto, Schweizer Malerei und Zeichnung im 17. und 18. Jahrhundert, Basel, 1944, S. 43, Abb. Nr. 7.
Frederick Antal, Fusseli Studies, London, 1956, S. 98. John Woodward, Paintings and drawings by Fuseli, in The Burlington Magazine, Vol. 565, April 1950, S. 112.
Frederick Antal, Fuseli Studies, London 1956, S. 98.
Gert Schiff, Johann Heinrich Füssli, 1741–1825, Zürich, Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1973, Vol. 1, S. 326–327 und S. 566, Nr. 1224 sowie Vol. 2, S. 382 (Repr.).
Gert Schiff und Paola Viotto, L’opera completa di Füssli, Mailand, Rizzoli Editori, 1977, S. 105, Nr. 255.

Ausstellung

Johann Heinrich Füssli – Henry Fuseli (1741–1825), Ausstellung von Gemälden, Zeichnungen und Kupferstichen, Zürich, Kunsthaus, 18.7.–5.9.1926, Nr. 47.
Schweizer Maler im Zeitalter des Klassizismus und der Romantik, Zürich, Kunsthaus, 1.9.–19.9.1936, Nr. 46.
Johann Heinrich Füssli, (1741–1825), Zur 200 Jahrfeier und Gedächtnisausstellung, Zürich, Kunsthaus, 1941, Nr. 27.
Aus Wädenswiler Privatbesitz, Kunstausstellung der Lesegesellschaft Wädenswil unter dem Patronat des Gemeinderates, Wädenswil, Kirchgemeindehaus Rosenmatt, Oktober 1955.
An Exhibition of Paintings and Drawings by Fuseli, London, The Art Council, 1950, Nr. 13.
Johann Heinrich Füssli, Ausstellung veranstaltet von der Stiftung Pro Helvetia, Bremen und Düsseldorf, 1957, Nr. 18.
Johann Heinrich Füssli (1741–1825), Gemälde und Zeichnungen, Zürich, Kunsthaus, 17.5.–6.7.1969, Nr. 82.
Füssli - Drama und Theater, Basel, Kunstmuseum, 20.10.2018–17.2.2019.
Füssli, Entre rêve et fantastique, Paris, Musée Jacquemart-André, 16.9.2022–23.1.2023, Nr. 26.

Die Szene mit dem Titel Amanda/ Rezia stürzt sich mit Hüon ins Meer, Fatime wird mit Gewalt zurückgehalten zeigt die Liebenden, wie sie sich beide in einer feurigen Umarmung in die Fluten eines aufgewühlten Meeres stürzen. Die Szene wird in Gesang VII (25–26) des Oberon beschrieben. Nachdemsie Oberon, dem die Liebenden Keuschheit gelobt hatten, nicht gehorcht hatten, beschlossen Hüon und Rezia, die nach ihrer Bekehrung zum Christentum den Namen Amanda annahm, sich selbst zu opfern, indem sie sich in die Fluten stürzten. Die dynamische und spektakuläre Darstellung dieser Szene wird durch die originelle Komposition und die dramatischen Lichteffekte ermöglicht, die hinter den sich umarmenden Liebenden erscheinen, die in einem Strudel von den Fluten verschlungen zu werden scheinen. Die Tragik dieser Passage wird durch die verzweifelte Geste von Fatime symbolisiert, die im Hintergrund mit Gewalt zurückgehalten wird.

The scene entitled Amanda/Rezia throws herself after Huon into the sea depicts the lovers throwing themselves in a fiery embrace into the waters of a stormy sea. The scene is described in canto VII (25–26) of Oberon. Having disobeyed Oberon, to whom the lovers had taken a vow of chastity, Huon and Rezia, who after converting to Christianity takes the name Amanda, decide to sacrifice themselves by throwing themselves into the waves. The dynamic and spectacular rendering of this scene is made possible by its original composition and the dramatic lighting effects that appear behind the embracing lovers, who seem to be swallowed up by the waves in a whirlpool. The tragic nature of this passage is symbolized by the gesture of despair of Fatima, who is forcibly restrained in the background.

La scène titrée Rézia plonge dans la mer avec Huon représente les amants se jetant tous deux, dans une étreinte fougueuse, dans les eaux d’une mer agitée. La scène est décrite dans le chant VII (25-26) de l’Oberon. Ayant désobéi à Oberon auquel les amants avaient fait voeu de chasteté, Huon et Rézia, qui après s’être convertie au christianisme prend le nom d’Amanda, décident de se sacrifier en se jetant dans les flots. Le rendu dynamique et spectaculaire de cette scène est permis par sa composition originale et par ses effets lumineux dramatiques qui apparaissent derrière les amants enlacés qui semblent, dans un tourbillon, engloutis par les flots.
Le caractère tragique de ce passage est symbolisé par le geste de désespoir de Fatima, figurée en arrière-plan retenue de force.


Drei bedeutende Werke von J. H. Füssli (Lose 9–11)
Johann Heinrich Füssli (1741–1825) war ein belesener Maler mit einer atypischen Persönlichkeit, der Künstler und Kunstliebhaber gleichermassen faszinierte. Er schöpfte aus einer Vielzahl origineller literarischer Quellen und schuf ein umfangreiches Werk aus Gemälden und Zeichnungen, die das Erhabene mit dem Fantastischen verbinden. Der in Zürich geborene Schweizer Künstler Füssli wollte zunächst Pfarrer werden, nachdem er am Collegium Carolinum in Zürich Theologie studiert hatte. Als leidenschaftlicher Theaterund Literaturliebhaber freundete er sich mit Literaten wie dem Akademiker und Historiker Johann Jakob Bodmer (1698–1786) an und wandte sich dem Übersetzen und Schreiben zu. Während seines Aufenthalts in Rom entwickelte Füssli eine Vorliebe für die Malerei, der er sich später auf Anraten des englischen Malers Joshua Reynolds vollständig widmete. Ab Ende der 1770er-Jahre lebte er in London, besuchte regelmässig die Theater und hatte eine Vorliebe für die Werke Shakespeares. Mit Thor im Kampf gegen die Midgardschlange [Abb. 1] wurde er zum Mitglied der Royal Academy of Arts und machte dort eine erfolgreiche Karriere als Professor für Malerei. Sein Durchbruch, Der Albtraum, der 1781 in Zürich fertiggestellt wurde, ist ein Sinnbild für die fremde, zutiefst einzigartige Welt, die den Künstler im Laufe seiner 40-jährigen Tätigkeit beschäftigte. Seine Vorliebe für die englische und nordische Literatur, aber auch für die dramatische Kraft des Theaters inspirierte ihn immer wieder in seiner Malerei. Die drei Werke, die wir vorstellen, wurden von Füssli um 1804/05 ausgeführt und gehören zu einer Serie von zehn Ölgemälden. Diese führte zu Radierungen, die 1805 in der zweiten Ausgabe von William Sothebys englischer Übersetzung von Oberon des deutschen Dichters Christoph Martin Wieland (1733–1813) veröffentlicht wurden. Acht dieser Gemälde, darunter auch unsere, befanden sich in der Sammlung von Benjamin Sharpe, einem Kapitän der Royal Navy und Erben der Bankgesellschaft Goslings and Sharpe, der 1848 das Landhaus Hanwell Park in Middlesex kaufte.
Wieland, der einige Jahre in der Schweiz gelebt hatte, zählte zu den Freunden von Füsslis Vater, dem Porträtmaler und Kunsthistoriker Johann Caspar Füssli. Neben dieser persönlichen Verbindung verbanden Füssli und Wieland auch gemeinsame literarische Referenzen. Ihre Schriften enthielten eine Vielzahl von Inspirationsquellen, die den Schweizer Maler anzogen, wie etwa die mittelalterlichen Chansons de geste, die epische Dichtung Ariosts, das Theater Shakespeares oder die arabischen Volksmärchen aus Tausendundeine Nacht. Das Oberon-Epos erzählt von den Abenteuern des Ritters Hüon von Bordeaux, Herzog von Guyenne. Weil er Prinz Charlot, den Sohn Karls des Grossen, getötet hatte, wurde Hüon dazu verurteilt, eine gefährliche Reise nach Bagdad anzutreten. Karl der Grosse stellte ihn vor mehrere Prüfungen: Er sollte vom Kalifen vier Backenzähne und einen Bart fordern, nachdem er dessen Tochter verführt hatte, und er sollte den Mann töten, der für ihn bestimmt war. Dies gelingt ihm mit Hilfe des Elfenkönigs Oberon, der magischen Kraft seines Horns und eines Rings. Als genialer und wagemutiger Erfinder schöpft Füssli aus einem äusserst originellen Quellenrepertoire, das weit über die griechisch-römischen Mythen hinausgeht. Wie die Werke von John Flaxman (1755–1826) in England oder Anne-Louis Girodet-Trioson (1767–1824) in Frankreich zeigt Füsslis Malerei die ganze Inspiration, die die Künstler dieser Zeit aus einer umfassenden und genauen Kenntnis der alten und zeitgenössischen europäischen Literatur wie auch der orientalischen Mythen schöpften. Wielands Werk wurde in Europa von Schriftstellern wie Friedrich von Schiller und Johann Wolfgang von Goethe sowie von Komponisten wie Mozart und Carl Maria von Weber, der eine Oper mit dem Titel Oberon produzierte, die 1826 in Covent Garden uraufgeführt wurde, in bemerkenswerter Weise rezipiert. Wie für Shakespeare zu Beginn des 17. Jahrhunderts sind die grossen mittelalterlichen Legenden auch in der heutigen Literatur und im Film weiterhin eine Quelle der Inspiration. Der Erfolg der Serie Game of Thrones oder der Saga Der Herr der Ringe legen davon ein sehr beredtes Zeugnis ab.

Three significant works by J. H. Füssli
Johann Heinrich Füssli (1741–1825), an erudite painter with an atypical personality, never ceased to fascinate artists and enthusiasts alike. Drawing on a variety of original literary sources, he produced a large body of paintings and drawings that combined the sublime with the fantastic. A Swiss artist born in Zurich, Füssli initially set his sights on a career as a pastor after studying theology at Zurich’s Collegium Carolinum. Fascinated by theatre and literature, he befriended literary figures such as the academician and historian Johann Jakob Bodmer (1698–1786) and turned to translation and writing. It was during his stay in Rome that Füssli developed an interest in painting, an activity to which he later devoted himself fully on the advice of the English painter Joshua Reynolds. Living in London from the end of the 1770s, he was a regular visitor to the theatre and developed a predilection for the works of Shakespeare. Elected Academician of the Royal Academy of Arts with Thor wrestling with the serpent Midgard [fig. 1, p. 13], he went on to have a brilliant career as a painting teacher. His crowning achievement, The Nightmare, completed in Zurich in 1781, is emblematic of the foreign, deeply singular world that the artist developed over some forty years of activity. His taste for English and Nordic literature, as well as for the dramatic power of the theatre, continued to inspire his pictorial production. Executed by Füssli around 1804– 1805, the three works presented here are part of a series of ten oil paintings. This series gave rise to engravings published in 1805 in the second edition of William Sotheby’s English translation of Oberon by the German poet Christoph Martin Wieland (1733–1813). Eight of these paintings, including ours, were in the collection of Benjamin Sharpe, a Royal Navy captain and heir to the banking firm of Goslings and Sharpe, who bought the farm at Hanwell Park in Middlesex in 1848. Wieland, who had lived in Switzerland for several years, was a friend of Füssli’s father, the portrait painter and art historian Johann Caspar Füssli. Over and above this personal link, Füssli and Wieland shared literary references, whose writings presented a variety of sources of inspiration that must have appealed to the Swiss painter, such as medieval chansons de geste, the epic poetry of Ariosto, Shakespeare’s theatre and the Arab folk tales of the Thousand and One Nights. The epic of Oberon recounts the adventures of the knight Huon de Bordeaux, Duke of Guyenne. For killing Prince Charlot, Charlemagne’s son, Huon is condemned to a perilous journey to Baghdad. Charlemagne imposed several tests on Huon: he had to claim four molars and a tuft of beard from the Caliph after seducing the Caliph’s daughter, and he had to kill the Caliph he was destined to kill. This feat is accomplished with the help of Oberon, king of the elves, the magical power of his horn and a ring. A daring and brilliant inventor, Füssli drew on an extremely original repertoire of sources that went far beyond Greco-Roman myths. Like the work of John Flaxman (1755–1826) in England or Anne-Louis Girodet- Trioson (1767–1824) in France, Füssli’s paintings demonstrate the inspiration that artists of the period drew from their vast and precise knowledge of ancient and contemporary European literature and Oriental myths. Wieland’s work was remarkably well received in Europe by writers such as Friedrich von Schiller and Johann Wolfgang von Goethe, and composers such as Mozart and Carl Maria von Weber, who produced an opera entitled Oberon, first performed at Covent Garden in 1826. As with Shakespeare in the early 17th century, the great medieval legends continue to inspire literature and film today. The success of the Game of Thrones series and the Lord of the Rings saga are eloquent testimony to this.

Trois œuvres majeures de J. H. Füssli (lots 9–11)
Peintre érudit à la personnalité atypique, Johann Heinrich Füssli (1741-1825) n’a cessé de fasciner artistes et amateurs. Puisant dans des sources littéraires variées et originales, il est l’auteur d’une importante production peinte et dessinée qui mèle sublime et fantastique.
Artiste suisse né à Zurich, Füssli se destine d’abord à une carrière de pasteur après avoir étudié la théologie au Collegium Carolinum de Zurich. Passionné de théâtre et de littérature, il se lie d’amitié avec des hommes de lettres tels l’académicien et historien Johann Jakob Bodmer (1698-1786) et s’oriente vers la traduction et l’écriture. C’est au cours de son séjour romain que Füssli développe une appétence pour la peinture, activité à laquelle il se consacre ensuite pleinement sur les conseils du peintre anglais Joshua Reynolds. Etabli à Londres à partir de la fin des années 1770, il fréquente assidûment les théâtres et nourrit sa prédilection pour les oeuvres de Shakespeare. Elu académicien de la Royal Academy of Arts avec Thor luttant contre le serpent Midgard (fig. 1), il y mène une brillante carrière de professeur de peinture.
Son coup d’éclat, Le Cauchemar, achevé à Zurich en 1781, est emblématique de l’univers étranger, profondément singulier que l’artiste développe sur une quarantaine années d’activité. Son goût pour la littérature anglaise et nordique mais aussi pour la puissance dramatique du théâtre n’a de cesse de l’inspirer dans sa production picturale.
Exécutées par Füssli vers 1804-1805, les trois oeuvres que nous présentons s’insèrent dans un ensemble de dix huiles sur toiles. Cette série donne lieu à des gravures publiées en 1805 dans la deuxième édition de la traduction anglaise de William Sotheby de l’Oberon du poète allemand Christoph Martin Wieland (1733-1813). Huit de ces peintures, dont les nôtres, se trouvaient dans la collection de Benjamin Sharpe, un capitaine de la marine royale et héritier de la société bancaire Goslings and Sharpe, qui acheta la propriété agricole d’Hanwell Park dans le Middlesex en 1848.
Wieland, qui avait vécu quelques années en Suisse, comptait parmi les amis du père de Füssli, le portraitiste et historien de l’art Johann Caspar Füssli. Au delà de ce lien personnel, des références littéraires partagées unissent Füssli et Wieland dont les écrits présentent des sources d’inspiration variées qui durent séduire le peintre suisse telles que les chansons de geste médiévales, la poésie épique de l’Arioste, le théâtre de Shakespeare ou encore les contes populaires arabes des Mille et Une Nuits.
L'épopée d’Oberon narre les aventures du chevalier Huon de Bordeaux, duc de Guyenne. Pour avoir tué le prince Charlot, fils de Charlemagne, Huon est condamné à effectuer un périlleux voyage jusqu’à Bagdad. Plusieurs épreuves lui sont imposées par Charlemagne: réclamer quatre molaires et une touffe de barbe au calife après avoir séduit la fille de ce dernier et tuer celui qu’il lui était destiné. Cet exploit est accompli grâce à l’aide d’Obéron, roi des elfes, du pouvoir magique de son cor et d’un anneau.
Inventeur génial et plein d’audace, Füssli puise dans un répertoire de sources extrêmement originales qui va bien au-delà des mythes gréco-romains. A l’instar de l’oeuvre de John Flaxman (1755-1826) en Angleterre ou d’Anne-Louis Girodet-Trioson (1767-1824) en France, la peinture de Füssli montre toute l’inspiration que tirent les artistes de cette époque d’une connaissance vaste et précise de la littérature européenne ancienne et contemporaine comme des mythes orientaux.
L’oeuvre de Wieland connut une remarquable réception en Europe auprès d’écrivains comme Friedrich von Schiller ou Johann Wolfgang von Goethe et de compositeurs comme Mozart ou Carl Maria von Weber qui produisit un opéra intitulé Oberon dont la première représentation eut lieu à Covent Garden en 1826. Comme pour Shakespeare au début du XVIIe siècle, les grandes légendes médiévales continuent d’être une source d’inspiration dans la littérature et le cinéma d’aujourd’hui. Le succès de la série Game of Thrones ou de la saga du Seigneur des anneaux en offre un témoignage tout à fait éloquent.